Image – Object – Performance: Mediality and Communication in Early Modern Contact Zones of Latin America and Asia

Image – Object – Performance: Mediality and Communication in Early Modern Contact Zones of Latin America and Asia

Organisatoren
Emmy-Noether-Forschergruppe „Text, Bild, Performanz: Wandel und Ambivalenz kultureller Ordnungen in kolonialen Kontaktzonen (Provincia de Charcas und Philippinen, 17.-18. Jahrhundert)“, Universität Hamburg
Ort
Hamburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
30.05.2011 - 01.06.2011
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Von
Astrid Windus, Emmy-Noether-Forschergruppe „Text, Bild, Performanz: Wandel und Ambivalenz kultureller Ordnungen in kolonialen Kontaktzonen (Provincia de Charcas und Philippinen, 17.-18. Jahrhundert)“, Universität Hamburg

Der internationale Workshop „Image – Object – Performance: Mediality and Communication in Early Modern Contact Zones of Latin America and Asia“ fand vom 30.5. bis 01.06.2011 an der Universität Hamburg statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der am Historischen Seminar derselben Universität angebundenen Emmy-Noether-Forschungsgruppe „Text, Bild, Performanz: Wandel und Ambivalenz kultureller Ordnungen in kolonialen Kontaktzonen (…)“ (DFG). Der Workshop konnte aufgrund einer Co-Finanzierung von Gerda-Henkel-Stiftung, DFG und dem Historischen Seminar der Universität Hamburg realisiert werden.

An der Tagung nahmen insgesamt 22 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Spanien, Brasilien, Mexiko, Argentinien, Bolivien und den Philippinen teil. Die Beiträge stammten aus den Disziplinen der Geschichtswissenschaft, Kunstgeschichte/Visual Studies, Literaturwissenschaft, Archäologie und kulturellen Anthropologie. Der Workshop war zudem für weitere Wissenschaftler/innen, Studierende und allgemein Interessierte geöffnet. Die Teilnehmenden waren aufgrund ihrer inhaltlichen, methodischen und regionalen Forschungsschwerpunkte eingeladen worden, die sie innerhalb der verschiedenen Disziplinen verfolgen und die Anschlussfähigkeit mit dem Thema und dem methodischen Ansatz der Veranstaltung aufwiesen. Die Zusammensetzung der Beitragenden war zudem so gewählt, dass ein möglichst intensiver Austausch zwischen erfahrenen Forscher/innen und Nachwuchswissenschaftler/innen in unterschiedlichen Qualifikationsphasen stattfinden konnte. Die individuellen Präsentationen von promovierten bzw. habilitierten Wissenschaftler/innen wurden deshalb ergänzt durch kollektive Beiträge von Promovierenden aus drei Nachwuchsgruppen.

Die Veranstaltung thematisierte die Frage nach Formen, Strukturen und Medien von Kommunikation und Repräsentation innerhalb frühneuzeitlicher transkultureller Kommunikationsräume dreier außereuropäischer Regionen: Lateinamerika, Philippinen und Indien. Von zentraler Bedeutung war dabei die interdisziplinäre Auseinandersetzung auch mit nicht-textbasierten Untersuchungsquellen und -materialien aus den durch verschiedene Arten des Kulturkontakts (zum Beispiel Eroberung, Missionierung, Diplomatie) geprägten Forschungsregionen. Ausgehend von unterschiedlichen Themen und methodischen Zugängen der Beitragenden wurde über die Perspektiven und Probleme der Einbeziehung von Visualität, Materialität und Performanz als Kategorien kulturwissenschaftlicher Analyse in historischen Fragestellungen reflektiert. Der sowohl methodisch wie auch regional vergleichende Ansatz des Workshops verfolgte dabei den Anspruch, die Ergebnisse auch über ihre jeweilige räumliche Verankerung hinaus für die kulturwissenschaftliche Theoriebildung nutzbar zu machen und allgemeine Aussagen zu den Mechanismen transkultureller Kommunikation in kulturellen Kontaktzonen der frühen Neuzeit zu treffen.

Die begrenzte Zahl an ausgewählten Teilnehmern sowie der zeitliche Rahmen ermöglichten einen intensiven Austausch sowohl über die Einzelbeiträge als auch über die zur Diskussion gestellten methodischen Fragen. Die zentralen Ergebnisse der Präsentationen und Diskussionen sollen an dieser Stelle kurz zusammengefasst werden.

1. Die Verwendung kulturell determinierter Begriffe, zum Beispiel „values“ (in Austauschprozessen) oder „conversion“ (in religiöser Kommunikation) als analytischer Kategorien zur Untersuchung menschlicher Kommunikation hat sich in mehreren Beiträgen als problematisch erwiesen. Was ist unter diesen Begriffen zu verstehen, wie werden sie von den beteiligten Akteuren verstanden? Wie können wir uns von unserer eigenen kulturellen Gebundenheit beim Gebrauch dieser Termini lösen? Diese Fragen gehen unter anderem zurück auf das in den Kulturwissenschaften altbekannte Phänomen der „Abwesenheit nicht-europäischer/indigener Stimmen“ in den Quellen.

2. Neue Perspektiven im Hinblick auf die Einbeziehung nicht-europäischer Akteure kann der Rekurs auf nicht-textbasierte Quellen bieten. Hieraus ergeben sich jedoch eine Reihe methodischer Probleme, denn die Beschäftigung mit Objekten oder performativen Phänomenen findet meist über den Rückbezug auf Texte oder Abbildungen statt, das heißt auf sprachliche bzw. visuelle Repräsentationen von Objekten oder Handlungen. Dies wirft die Frage nach dem eigentlichen Charakter des untersuchten Mediums auf und wie mit diesen Effekten von Intermedialität umzugehen ist.

3. Trotz der Vielzahl methodischer Schwierigkeiten, die die Arbeit mit unterschiedlichen Medientypen mit sich bringt, wurde von den Teilnehmenden die Notwendigkeit dieser Arbeitsweise für eine transkulturelle Kulturgeschichtsschreibung nachdrücklich bestätigt. Aufgrund des hierfür erforderlichen Spezialwissens erfordert dies jedoch die Bereitschaft zu bzw. den Ausbau intensiver interdisziplinärer Zusammenarbeit, ohne die die Aneignung neuer Methoden, aber auch die Formulierung innovativer Fragestellungen an das zu bearbeitende Material nicht zu realisieren ist.

4. Verschiedene Beiträge aus den unterschiedlichen Regionen zeigten, dass die performative Ebene der Bedeutungsproduktion eine medienübergreifende und -verbindende Schlüsselfunktion in menschlichen Kommunikationsprozessen einnimmt. Die Produktion wie auch die Rezeption von Bildern, Objekten und Texten erfolgen in Form performativer Akte und bringen Kommunikationsräume hervor, die entsprechend ihres kulturellen Kontextes bedeutungsstiftend wirksam werden. „Performanz“ ist deshalb auch in der Auseinandersetzung mit visuellen und materiellen Artefakten stets mitzudenken.

5. Der vergleichende Blick auf die verschiedenen lateinamerikanischen und asiatischen Kontaktzonen wurde von den Teilnehmenden als überaus ergiebig empfunden, um eingefahrene Sichtweisen auf die jeweils „eigene“ Untersuchungsregion zu durchbrechen und übergreifende methodische Fragen auf einer breiteren empirischen Basis zu diskutieren. Dabei wurde auch deutlich, dass die spezifischen historiographischen Traditionen der einzelnen Regionen, die die Entwicklung und den Stand der Forschungen sowie Methodologie und Theoriebildung erheblich beeinflussen, in der Forschungsarbeit unbedingt berücksichtigt werden müssen.

6. Das in mehreren Beiträgen thematisierte Problem der „Lesbarkeit“ und Analyse transkultureller Ikonographien verdeutlichte, dass gerade in diesem Bereich die Fortentwicklung bestehender methodischer Ansätze und Theorien notwendig sind. Diese müssen in der Lage sein, die Grenzen traditioneller Ikonographie, Form- und Stilanalyse zu überwinden und gleichzeitig flexibel in ihren Interpretationen bleiben. Eine besondere Herausforderung stellt dabei, wie das Konzept „multipler Lesarten“ bereits andeutet, neben der Produktion gerade auch die Ebene der Rezeption visueller Repräsentationen durch die historischen Akteure dar.

7. Kulturwissenschaftliche Analysekategorien wie „Hybridität“, „Transkulturalität“ und „Interkulturalität“ wurden wiederholt als problematisch hervorgehoben. Insbesondere das Konzept von „Hybridität“ wurde aufgrund seiner geringen Aussagekraft (wo fängt das „Hybride“ an, wo hört es auf?) sowie der ihm impliziten Annahme, dass „hybride“ Kulturphänomene aus „nicht-hybriden“, das heißt „ursprünglichen“, „reinen“, „unvermischten“ Formen kultureller Praxis hervorgehen, wiederholt stark kritisiert. Andererseits ergaben die Diskussionen, dass es sich hierbei nicht ausschließlich um ein terminologisches Problem handelt, sondern dass der gegenwärtige Stand der Forschung es uns noch nicht ermöglicht, transkulturelle Kommunikation und Bedeutungsproduktion in ihren komplexen und multimedialen Dimensionen und Strukturen systemtisch zu erfassen und zu beschreiben. Um erneute Homogenisierungen zu vermeiden, sollten die erwähnten Kategorien deshalb nur im Kontext einer auf den jeweiligen Einzelfall bezogenen genauen Definition verwendet werden. Dabei ist die Historizität der Begriffe unbedingt zu berücksichtigen, denn die Wahrnehmung kultureller Phänomene als „transkulturell“ entspricht nicht notwendigerweise der Sichtweise der historischen Akteure.

Die in der abschließenden Diskussion und während der Veranstaltung geäußerten Kommentare der Beteiligten hinsichtlich Konzeption und Durchführung des Workshops und seiner Inhalte waren überaus positiv. Hervorgehoben wurden das interdisziplinäre und internationale Teilnehmerfeld, der breite Rahmen für intensive Diskussionen, die konstante Rückbindung von Einzel- und Diskussionsbeiträgen an die konzeptionellen Vorgaben und die in der Planung aufgeworfenen methodischen Fragen sowie die komparatistische Perspektive, die Diskussionszusammenhänge zwischen Phänomenen aus Lateinamerika, Asien und Europa herstellte. Positive Resonanz wurde auch hinsichtlich der Vernetzung der drei Nachwuchsgruppen sowie des „Generationen übergreifenden“ wissenschaftlichen Austauschs geäußert, in den sich alle beteiligten Gruppen aufgrund der offenen Diskussionsatmosphäre aktiv einbringen konnten1.

Konferenzübersicht:

Astrid Windus, Eberhard Crailsheim: Opening remarks

Panel I: Performative Production of Meaning

Antje Flüchter (Universität Heidelberg): Exchanging a Globe for a Dress? Presents and Intercultural Communication in Early Modern India

Eberhard Crailsheim (Universität Hamburg): The Baptism of Sultan Azim ud-Din of Jolo (1750) – A Performative Production of Spanish Colonial Power in the Philippines in the Context of the Regional Moro Conflict

Otto Danwerth (Max Planck Institute for European Legal History, Frankfurt): Struggles about dead bodies and meanings. The treatment of indigenous corpses in late Inca and early colonial Peru

Presentation of research projects

PhD students from the junior research group „Cultures in Dialogue in the Andean World“ (Niels Hecht, Maret Keller, Markus Scholz, Universität Heidelberg) present their projects

Public evening lecture

Reinhard Wendt (Fernuniversität Hagen): Communication and Performance: The „Fiesta“ as a Medium for the Construction of Colonial Authority and Indigenous Identity in Early Modern Philippines

Panel II: Visuality and Visual Systems

Jens Baumgarten (Universidade Federal do São Paulo): The Production of Baroque Religiousness in Brazil

Regalado Trota Jose (University of Santo Tomas, Manila): Islamic Designs on Catholic Church Bells? Questions in the Philippine Setting

Maria Dolores Elizalde Pérez-Grueso (Center of Human and Social Sciences, CSIC, Madrid): China-Spain-Philippines: Images and Representations

Margit Kern (Freie Universität Berlin): The Mass of Saint Gregory. A Feather Mosaic from 1539

Presentation of research projects

PhD students from the junior research group „Text, Image, Performance: Change and Ambivalence of Cultural Orders in Colonial Contact Zones” (Andrea Nicklisch, Imke Rath, Ulrike Bohse, Universität Hamburg) present their projects

PhD students from the junior research group „Cultural Transfer as a Factor of State Building“ (Barend Noordam, Gauri Paresher, Cluster of Excellence "Asia and Europe in a Global Context“, Universität Heidelberg) present their projects

Panel III: Communication and Materiality

Peter Conrad Kröfges (Universidad Autónoma de San Luis Potosí): Material and Immaterial Manifestations of Cultural Contact in the Huaxteca of the 16th Century

Astrid Windus (Universität Hamburg): The Creation of Sacredness: Material culture as a Factor of Trans-Cultural Knowledge Production in the Bolivian Altiplano (17th-18th Centuries)

Panel IV: Intermediality

Ana María Martínez Sánchez (Universidad Nacional de Córdoba, Argentina): Orality and scripture: Sermons as media of communication

Ulrich Mücke (Universität Hamburg): One Text, Many Narratives. The Comentarios Reales by Inca Garcilaso de la Vega

Anmerkung:
1 Ein detaillierterer Bericht zum Ablauf des Workshops auf Englisch findet sich auf der Website <http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2011/161-11.pdf> und auf der Projekthomepage <http://www.text-bild-performanz.de/>.


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